„Dobrý den!“ und „Ahoj“: Guten Tag und hallo. Das sind die ersten Worte Tschechisch, die die 20 Schülerinnen und Schüler des Franz-Ludwig-Gymnasiums auf dem Weg nach Münchengrätz lernen. Alle Schüler erhalten im Bus eine Mappe mit Material über die geplanten Programmpunkte, eine Vokabelliste mit den wichtigsten tschechischen Begriffen für den Alltag, Tipps zum Aufenthalt im Lande, Kartenmaterial und Stadtpläne.

Auf der Hinfahrt besichtigen wir das Naturreservat Soos mit seinen Mofetten, wo es zu Kohlenstoffdioxid-Entgasungen kommt. Ein kleines Experiment mit einer brennenden Zeitung, deren Flamme sofort erstickt, trägt dazu bei, den Zauber des Naturreservats noch zu verstärken.
Danach folgt ein kurzer Halt an den Heilquellen in Franzensbad mit Hinweis auf die Bedeutung des Kurwesens und Tourismus hier in Grenznähe.

Bei der Ankunft an der Schule in Münchengrätz erwarten uns schon voller Vorfreude die tschechischen Gastgeber. Die Schüler hatten bereits im Vorfeld per Internet Kontakt mit den Austauschpartnern aufgenommen. Trotzdem gilt es die anfängliche Scheu und Aufregung zu überwinden, doch nach wenigen Minuten begrüßen sich die Schüler herzlich mit einer Umarmung. Auch die Lehrkräfte freuen sich über das Wiedersehen, zumal nach den langen Jahren des Austausches Freundschaften entstanden sind.
Am darauffolgenden Sonntag findet individuell Programm in den Familien statt. Einige tschechische Gastgeber haben für die deutschen Gäste die Besichtigung eines modernen Kunstmuseums in Prag organisiert, andere gehen gemeinsam Schlittschuhlaufen oder sind sogar bei Familienfeiern mit integriert.

Die Schulleiterin Dr. Lenka Sosnovcová, die gleichzeitig auch eine der Deutschlehrerinnen ist und den Austausch mit Bamberg seit vielen Jahren begleitet, lädt an dem Sonntag die beiden deutschen Lehrerinnen Frau Ostermann und Frau Hümmer zu sich zum Kaffee mit anschließendem Abendessen ein. Es entwickeln sich angeregte Gespräche über „Gott und die Welt“, da man sich schon seit vielen Jahren kennt und versteht.

Am Montag, 19. März, erfolgt die offizielle Begrüßung der Gäste und der teilnehmenden tschechischen Schülerinnen und Schüler am Gymnázium Mnichovo Hradiště durch den stellvertretenden Schulleiter Herrn Miloslav Zajíc, da die Schulleiterin Dr. Lenka Sosnovcová an dem Montag zu einer europäischen Tagung über Inklusion nach Dijon abreist. Es werden für alle Getränke und kleine Häppchen gereicht und von beiden Seiten die Bedeutung dieses Austausches, der seit über 25 Jahren besteht, betont und auf ein gutes Gelingen der Austauschwoche und die Freundschaft der zwei Schulen angestoßen. Spätestens hier wird den Schülern auch klar, dass dieser Austausch und dessen künftiges Bestehen für alle beteiligten Lehrkräfte ein absolutes Herzensanliegen ist.

Danach erfolgt die offizielle Begrüßung im Rathaus durch den überaus sympathischen, jungen Bürgermeister Ondřej Lochman, der auch etwas über seinen eigenen Werdegang erzählt: Er hat vor ein paar Jahren eine neue Partei gegründet (ähnlich den Freien Wählern) und ist ganz unerwartet zum Bürgermeister gewählt worden. Dieses Amt hat er seit vier Jahren inne und ist in seiner Freizeit an den meisten Wochenenden im Frühjahr und Sommer in Sachen Trauungen unterwegs. Denn anders als in Deutschland, können sie an allen beliebigen Orten stattfinden und werden durch den Bürgermeister oder seinen Stellvertreter vorgenommen. Herr Lochman stellt auch einige Fragen an die deutschen Schüler und möchte wissen, wer sich für Politik interessiert und sich eine berufliche Kariere in diesem Bereich vorstellen kann: leider (noch) nicht sehr viele der Schüler. Alle deutschen Schüler erhalten eine Tüte mit schönen Begrüßungsgeschenken der Stadt.
Die Schüler nehmen in der Woche auch noch mehrfach am Unterricht teil und interessierten sich auch sehr für das tschechische Schulsystem, insbesondere, dass die Klassen für den Sprachunterricht immer geteilt werden und der intensive Spracherwerb in sehr kleinen Gruppen stattfindet.

Bei dem Programm im Laufe der Woche geht es immer wieder um das Thema „Gemeinsam Grenzen überwinden“. Am Montag findet nach den offiziellen Begrüßungen dazu ein Musikprojekt mit allen beteiligten deutschen und tschechischen Schülern statt. Nachdem die Schüler in fünf gemischte Gruppen aufgeteilt wurden bekam jede Gruppe ein tschechisches Volkslied und dazu verschiedene Arbeitsaufträge, die eine Übertragung der ersten Strophe ins Deutsche, eine musikalische Darbietung und eine Umsetzung als Theaterszene oder Zeichnung beinhalteten. Montagnachmittag werden im Böhmischen Paradies bei einer geführten Wanderung unter recht frostigen Witterungsbedingungen auch körperlich manche Schüler an ihre Grenzen geführt.

Am Dienstag steht ein Tagesausflug nach Prag auf dem Programm. Nach einer Stunde in der Jump Arena im Vorort Zličín, wo die deutschen und tschechischen Schüler gemeinsam die Grenzen ihrer Kondition und Geschicklichkeit ausprobieren, geht es weiter zur Prager Burg, der Karlsbrücke, dem Altstädter Ring mit dem Jan Hus Denkmal und seinem Ostermarkt und dem Wenzelsplatz. Abends trifft sich die Gruppe am Schwarzen Theater zu einer beeindruckenden Vorstellung wieder.

Am Mittwoch geht es Richtung Liberec (Reichenberg). Hier erleben die Schüler den IQ-Park: Auf vier Stockwerken erwarten die Schüler hunderte interaktive Ausstellungsstücke aus allen Bereichen der Naturwissenschaften. So entdecken sie spielerisch die Grenzen, die durch die Naturgesetze gesetzt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, ein Lasergame zu spielen. Danach fährt uns der Bus auf den nahegelegenen Berg Jeschken, da die Seilbahn wegen der Kälte ausfällt. Der Wald wirkt im Puderzuckerschnee wie im Märchen und bei strahlendem Sonnenschein reicht der Blick in dieser Grenzregion der drei Länder Tschechien, Polen und Deutschland sogar bis zur Schneekoppe im Riesengebirge.
Donnerstag steht ein Besuch im Jüdischen Museum in Prag auf dem Programm. Zunächst erhalten die Schüler einen Vortrag über jüdisches Leben, Feste und Traditionen mit einer Powerpoint Präsentation und vielen Bildern. Dann begleitet uns die sympathische und sehr versierte Führerin durch die verschiedenen Synagogen, das berührende Museum mit den Kinderbildern und den jüdischen Friedhof. Die Schüler haben zwar schon ein großes Vorwissen, doch hier vor Ort die Namen der ermordeten Juden an der Wand einer Synagoge zu lesen, die von den Kindern gezeichneten Bilder im Museum und den Friedhof zu sehen, führt ihnen die Geschichte nochmals auf andere Art vor Augen.
Die tschechischen und deutschen Schüler verabreden sich abends meist zu vielfältigen gemeinsamen Unternehmungen wie Bowling oder Schlittschuhlaufen, sehen sich gemeinsam ein Eishockeyspiel in Liberec an und es herrscht große Harmonie in der Gruppe. Manche Schüler bemühen sich auch, einige Wörter Tschechisch zu lernen und wenden diese in den Familien an. Überhaupt wird der Tag in den Familien als sehr bereichernd empfunden, zumal jeder etwas anderes erlebt, aber alle von der großzügigen tschechischen Gastfreundschaft beeindruckt sind.

Beim Abschied bekommen viele Schüler noch ein Gastgeschenk für sich und ihre Familien mit. Alle freuen sich auf ein Wiedersehen in Deutschland im April. Noch auf der Rückfahrt versichern die Schüler, dass sie unbedingt in den 9. Klassen schon Werbung für den Austausch machen wollen und für die Informationsveranstaltung im Herbst ein Videotagebuch produzieren wollen. Dafür interviewen sie im Bus die Lehrerinnen und Mitschüler zu den Besonderheiten des Tschechienaustausches und den beeindruckenden Erlebnissen.
Der Gegenbesuch in Bamberg findet nur drei Wochen später statt. Alle Schülerinnen und Schüler freuen sich über das rasche Wiedersehen. Auch diese Begegnung steht unter dem Motto „Gemeinsam Grenzen überwinden“. Neben dem Besuch des Unterrichts stehen vielfältige Besichtigungen und Erlebnisse auf dem Programm. Schon am ersten Tag verlassen die Schüler nach der sehr persönlichen Begrüßung durch den Dritten Bürgermeister Herrn Metzner im Schloss Geyerswörth und dem gemeinsamen Mittagessen in der Mensa des FLG die Grenzen der oberirdischen Stadt und steigen in Bambergs „Unterwelt“ hinab. Bei fast völliger Dunkelheit, nur vom Licht der Taschenlampen beleuchtet, erfahren die Schüler bei einer Führung durch das verzweigte Netz der Stollenanlagen am Stephansberg etwas über Bambergs Geschichte in Kriegs- und Friedenszeiten.

Am nächsten Tag können sich alle über die Überwindung von Grenzen durch die Eisenbahn im DB Museum in Nürnberg informieren. Anschließend führt ein Besuch im „Turm der Sinne“ den Schülern die Grenzen ihrer Sinneswahrnehmungen buchstäblich vor Augen. Die verschiedenen Experimente für alle Sinne bereiten der Gruppe viel Spaß.
Mittwochvormittag steht ein Malprojekt auf dem Programm, das von unserer Kollegin und Künstlerin Eva Pachale durchgeführt wird. Die Schüler sollen ein abstraktes farbiges „Portrait“ des Partners malern. Sie dürfen dazu nur vier Farben verwenden (die aber natürlich mischbar sind) und zwar: die Lieblingsfarbe des Partners, die Farbe, von der sie meinen, dass sie am besten zum Partner passt und die Farben schwarz und weiß. Bei diesem Projekt war es für die Schüler sehr beeindruckend zu sehen, dass auch auf einem völlig abstrakten Bild der andere zu erkennen ist.

Nachmittags besichtigen die Schüler die berühmte Kirche des Zisterzienserklosters in Ebrach. Die Zisterzienser sind dafür bekannt, dass sie Regionen an den Grenzen der Zivilisation urbar machen und besiedeln. Heute gehört das Gebäude zum Jugendstrafvollzug und zeigt damit auch Grenzen auf. Der in der Nähe gelegene Baumwipfelpfad in Ebrach lässt die Schüler die schöne Natur des Steigerwaldes aus einer ganz neuen Perspektive erleben.

Die ehemalige deutsch-deutsche Grenze in Mödlareuth macht das Motto „Gemeinsam Grenzen überwinden“ für alle noch einmal deutlich. Durch den Filmbeitrag, die Ausstellung und das Abgehen der ehemaligen Grenze bei einer Führung wird den Schülern ein wichtiges Kapitel der deutschen Geschichte bewusst gemacht.

Am vorletzten Tag dürfen alle ganz praktisch die Grenzen ihrer eigenen Fitness und ihres Körpers beim Bouldern bei den Blockhelden erleben. Diese Art der Grenzüberwindung macht allen besonders viel Spaß.

Der Abschied am nächsten Tag fällt allen sehr schwer. In den zurückliegenden Wochen sind Freundschaften entstanden. Viele gemeinsame Erlebnisse – auch mit der ganzen Gruppe am Abend – haben den Austausch für alle zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht.
Unser Dank gilt allen, die den Austausch mit organisiert haben, den Schulleitungen beider Gymnasien für die wohlwollende Unterstützung, den sehr engagierten beteiligten Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern für die liebevolle Aufnahme der Gäste.

Martina Ostermann und Veronika Hümmer