Wie das geht, zeigten 110 Schüler*innen aus der  Q11 des Franz-Ludwig-Gymnasiums Bamberg. Sie reisten im Oktober für einen Begegnungstag mit Studierenden und Dozenten nach Coburg – mit dem Ziel, geometrische Formen an und in historischen Bauwerken und Räumen der Stadt Coburg zu erkennen und zu verstehen.

Warum gerade Coburgs historische Bauwerke und Räume?
Anlass des Besuchs war die Initiative der Projektwerkstatt „Ästhetik in Raum und Zeit“, welche Dr. Regina Graßmann im Rahmen des Coburger Wegs an der Hochschule Coburg initialisierte. In dieser interdisziplinären Projektwerkstatt arbeiten Studierende der Innenarchitektur, der Sozialen Arbeit und der Betriebswirtschaft in einem Projekt zusammen. Diese Werkstatt stellte folgende Thesen auf: Räume sprechen, Räume werden imaginiert, erlebt, wahrgenommen und gedeutet. Räume können auch gezeichnet modelliert, berechnet und exploriert werden. So unternahmen die Studierenden zu Beginn des Sommersemesters einen „Stadtwalk“. Mit Stift und Papier ausgestattet machten sie sich auf, Coburgs Bauwerke und Räume zu skizzieren. Wichtig dabei war, die Wahrnehmung für die Formensprache des historischen Stadtkerns zu schärfen. Warum gerade Coburg? Im Gegensatz zu anderen Städten zeigen Coburger Gebäude und Räume über eine Vielfalt an Formen, welche die Stadt für das Auge lebendiger und ästhetischer erscheinen lassen. Aus den Skizzen reifte die Idee für einen Begegungstag.

Aus diesem erworbenen Wissen heraus entstand die Idee, die Bamberger Schüler*innen ins Projekt einzubinden. Die Studierenden schlüpften hierbei in die Rolle eines Lehrenden. Sie sollten die Aufgabe übernehmen, die Schüler durch ihr eigenes Handeln zum Lernen zu bewegen – genauso, wie sie es im Stadtwalk erlebt haben. Für die Bamberger aber würden sich daraus zwei Gelegenheiten ergeben: zum einen, den praktischen Nutzen der ansonst so staubtrockenen Geometrie über das Erleben von Räumen näher kennenzulernen, zum anderen, mehr über die Arbeit in den Studienfächern auf dem Campus Design zu erfahren. In enger Zusammenarbeit mit dem Franz-Ludwig-Gymnasium bereiteten Dozenten und Studierende somit einen Begegnungstag vor, der allen Beteiligten diese neue Form des Lernens entdecken und erleben lassen sollte.

Auf in den Vorlesungssaal!

Bevor die Schüler*innen sich auf den Weg in die Stadt machten, nahmen sie zuerst an einer eigens für sie vorbereiteten Vorlesung aus dem Bauingenieurwesen teil und schnupperten als angehende Abiturienten zum ersten Mal richtige Hochschulluft. Die Themen der Vorlesung zeigten Projekte aus diesem Studiengang. Zuerst erläuterte Jonas Schmidt (Mitentwickler des Globe Theatre Coburg) verschiedene Grundformen der Mathematik und deren Anwendungsmöglichkeiten im Bauingenieurwesen. Er erklärte den Schüler*innen, dass viele Formen aus der Natur ein ideales Verhältnis von Tragfähigkeit bezogen auf deren Materialfläche haben. So zum Beispiel das Spinnennetz, welches mit seiner extrem hohen Tragfähigkeit und seinem geringen Gewicht eine sehr hohe Toleranz in Bezug auf Zug oder Druck und Dehnung oder Stauchung aufweist. „Ein gutes Beispiel für diese Formgebung wäre das Dach des Olympiastadions in München, bei dem Stahl die wirkenden Kräfte abfängt“, führte Dozent Wolfram Richter (Architekt) aus.

Den geometrischen Formen in Coburg auf der Spur
Ausgestattet mit diesem Grundwissen ging es nun in die Stadt. Die Schüler starteten in vier Gruppen am Hofbräuhaus. Unter der Anleitung der Studierenden erkundeten sie markante Plätze in Coburg: das Judentor, den Marktplatz, die Ehrenburg, den Albertsplatz, die Luther-Schule, das Ketschentor, den Schillerplatz, das Kongresshaus und die Moritzkirche. Sie hatten die Aufgabe, geometrische Formen in und an den Coburger Gebäuden und Plätzen zu finden und nachzuzeichnen. Eine kleine Vorlesung unter dem Prinz-Albert-Denkmal rundete das Ganze ab. Wolfram Richter – verkleidet als Maler – erläuterte den Schülern die Formen und Proportionen des Coburger Rathauses und des Marktplatzes.

Mehr über Geometrie und ihre praktische Anwendung gelernt
Jeder von uns erinnert sich an seine Schulzeit – und viele von uns haben Mathe oder gar Geometrie als Fach nicht gerade liebgewonnen. Alina Ritter und Luxhejna Avdiu sehen Geometrie – ähnlich wie viele ihrer Mitschüler*innen – nun mit anderen Augen. Beide haben Gefallen daran gefunden, geometrische Formen in Strukturen oder Skulpturen zu überführen. Sie denken sogar an ein Architektur- oder Kunststudium nach dem Abitur. Astrid Weil-Helmbold, Studentin der Innenarchitektur, kann diesen Gedankengang sehr gut nachvollziehen. Sie hat diesen Begegnungstag mitorganisiert. „Ich habe den Eindruck, dass wir ihnen in der kurzen Zeit viel mitgeben konnten an Eindrücken unserer Arbeit und der praxisnahen Lehre. Der Tag war spannend. Hat echt Spaß gemacht!“, sagte sie. Geometrie ist eben kein staubtrockenes Fach. Schon gar nicht, wenn man deren praktische Umsetzung in den Coburg erleben darf.

Verfasst von Mario Pfeuffer, Marketing und Kommunikation, Der Coburger Weg, Hochschule Coburg

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