“You don’t trip on a Stolperstein, you stumble with your head and your heart.’ When the students of the Gymnasium step over my father’s plaque as they enter their school I hope that, from time to time, they might stumble in this way.”
Peter Bradley, Sohn von Fritz Brandes
Auf Initiative und Einladung von Michel Eichiner und der Willy-Aron-Gesellschaft fand am 26.10.2022 in der Aula des FLG eine Gedenkfeier für unseren ehemaligen Schüler Fritz Brandes mit anschließender Verlegung eines Stolpersteins vor dem Haupteingang des FLG statt.
Aus diesem Anlass hatten sich neben Mechthildis Bocksch und Andreas Ullmann von der Willy-Aron-Gesellschaft auch Maria Berger, Mitglied der jüdischen Gemeinden in Bamberg, sowie Patrick Nitzsche, Antisemitismusbeauftragter der Stadt Bamberg, eingefunden. Der feierlichen Stolpersteinverlegung selbst wohnten auch Bürgermeister Jonas Glüsenkamp sowie Esther Gratz von Partnerschaften für Demokratie der Stadt und Landkreis Bamberg bei. Stimmungsvoll umrahmt wurde die Gedenkfeier durch Klezmer-Musik unseres Schüler-Ensembles unter der Leitung von Melanie Imhof.
Als besondere Ehrengäste hieß die Schulleiterin Saskia Hofmeister Peter Bradley und Anne Bradley, die Kinder von Fritz Brandes, in der vollbesetzten Aula des FLG willkommen. Die Geschwister Bradley waren eigens aus England angereist. Begleitet wurden sie von John Nestor, dem Partner von Anne, und zwei jungen englischen Dokumentarfilmern.
In ihrer Begrüßungsrede bedankte sich Schulleiterin Saskia Hofmeister sehr herzlich sich bei der Familie Bradley für deren großes Engagement für eine gelingende Demokratieerziehung und hob die große Bedeutung einer lebendigen Erinnerungskultur hervor: „Wir als Schulgemeinschaft wollen weiterhin ein Bollwerk sein gegen jegliche Art von Unrecht, Ausschluss und Herabwürdigung. Denn unsere Schule will Zeichen setzen für mehr Demokratie, mehr Frieden und mehr Freiheit in dieser Welt. “
In seinem Vortrag zeichnete Peter Bradley ein lebendiges Bild seines Vaters und dem Alltag seiner Familie in Bamberg. Der gebürtige Bamberger Fritz Brandes besuchte von 1927 bis 1936 das FLG, das damals noch „Neues Gymnasium“ hieß. 1936 bekam er – als einer der letzten jüdischen Schüler – sein Abiturzeugnis in unserer Aula überreicht. Als Jude musste Fritz damals tagtäglich Beeinträchtigungen, Diskriminierung und Verfolgung erleben. An seiner Schule jedoch, dem Neuen Gymnasium, konnte Fritz Brandes die „Anzahl der antisemitischen Äußerungen während seiner Schulzeit an den Fingern einer Hand abzählen“. Das Neue Gymnasium sei für ihn immer ein Bollwerk gegen den Nationalsozialismus gewesen. Dies schrieb Fritz Brandes in einem Brief, den sein Sohn Peter Bradley später auffand und aus dem er in seinem Vortrag vorlas.
Fritz Brandes gelang 1939 glücklicherweise die Flucht nach England. Mit Umwegen über Kanada meldete er sich freiwillig zum Kampf gegen Nazi-Deutschland. Seine Eltern, Besitzer eines florierenden Bekleidungsgeschäftes in der Bamberger Innenstadt, wurden als Zwangsarbeiter verschleppt und von den Nationalsozialisten in Riga ermordet. Zwei Züge seien schicksalhaft für seine Familie gewesen, betonte Peter Bradley in seiner Rede: ein Zug nach Westen, der Fritz nach England und damit in die Freiheit brachte, und der andere Zug nach Osten, mit dem Bertha und Sally Brandes ihrem sicheren Tod entgegenfuhren.
Anschließend überreichte Andreas Ullmann, Historiker an der Universität Bamberg, im Namen der Willy-Aron-Gesellschaft dem Franz-Ludwig-Gymnasium eine Patenschaftsurkunde, da die Schulgemeinschaft des FLG nun die Pflege dieses Stolpersteins übernehmen wird.
Zu den Klängen von „Shalom Chaverim“, gesungen vom Unterstufenchor unter der Leitung von Susanne Hofmann, begaben sich die Anwesenden, angeführt von Peter und Anne Bradley zum Haupteingang, wo der neue Stolperstein zum Gedenken an Fritz Brandes unter strahlend blauem Himmel feierlich gesetzt wurde – nur eine Handbreit entfernt von dem Stolperstein für Willy Aron, einem Jugendfreund von Fritz Brandes und ebenfalls Schüler des FLG.
Am 9. November 1938 brannten in Bamberg und in ganz Deutschland Nazi-Anhänger die Synagogen und Geschäfte jüdischer Mitbürger nieder. Am Jahrestag der Reichspogromnacht sind unsere Gedanken bei allen Opfern des Nationalsozialismus und dessen Schreckensherrschaft.
Fotos: U. Koch
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